Die Phase nach dem eigentlichen Wachstum – Ernte, Trocknung und Curing – ist von entscheidender Bedeutung für die Qualität, das Aroma, den Geschmack und die Wirkung deiner Cannabisblüten. Selbst die beste Genetik und der perfekteste Anbau können durch Fehler in diesen letzten Schritten ruiniert werden. Umgekehrt kann eine sorgfältige Nachbereitung eine gute Ernte in ein exzellentes Endprodukt verwandeln.
Diese Seite fasst die wichtigsten Aspekte für eine professionelle Nachbereitung zusammen, basierend auf den bewährten Methoden, die auch in unseren SOPs (SOP Eins und Die Harzlok-Rotation) detailliert beschrieben werden.
Merke dir: Geduld und Präzision sind in dieser Phase deine besten Verbündeten. "Low and Slow" (langsam und schonend) ist das Mantra für Trocknung und Curing.
Den exakt richtigen Moment zu erwischen, ist eine Kunst. Das Hauptkriterium ist die Reife der Trichome.
Die Trichom-Methode (entscheidend!)
- Verwende ein Taschenmikroskop (60-100x Vergrößerung) und untersuche die Harzdrüsen (Trichome) direkt auf den Blütenkelchen (Calyxen), nicht nur auf den Zuckerblättern.
- Trichom-Stadien:
- Klar/Durchsichtig: Unreif, THC noch nicht auf dem Höhepunkt.
- Milchig/Trübweiß: Höchster THC-Gehalt, oft eine klarere, energetischere Wirkung.
- Bernsteinfarben (Amber): THC beginnt zu CBN (Cannabinol) abzubauen, was zu einer entspannenderen, körperbetonten Wirkung führen kann.
- Ziel für die meisten Sorten und Effekte: Ein Großteil der Trichomköpfe ist milchig/trübweiß, mit einem kleineren Anteil (ca. 10-30%, je nach Sorte und gewünschter Wirkung) bernsteinfarbener Trichome.
Sekundäre Indikatoren (zur Unterstützung)
- Blütennarben (Pistillen): Ca. 70-90% haben sich von weiß zu braun/orange verfärbt und ziehen sich oft leicht zurück.
- Calyx-Schwellung: Die Blütenkelche sind prall und scheinen vor Harz zu platzen.
- Duft: Das Aroma ist intensiv und voll entwickelt.
- Optionales Spülen (Flushing): Ca. 7-14 Tage vor der Ernte nur noch pH-reguliertes Wasser gießen. Bei Coco mit gutem Drain-Management kann ein kürzerer Flush (3-7 Tage) oder keiner ausreichend sein.
Sauberkeit und eine vorsichtige Handhabung sind jetzt wichtig, um die wertvollen Trichome zu schützen.
Vorbereitung & Durchführung
- Werkzeuge: Saubere, scharfe Trim-Scheren (eine größere für Zweige, eine kleinere, spitze für Blätter), Nitril-Einweghandschuhe. Scheren regelmäßig mit Isopropylalkohol reinigen.
- Trocknungsraum vorbereiten: Sauber, lichtdicht, Klimaparameter eingestellt (siehe unten).
- Erntezeitpunkt: Idealerweise zu Beginn der (eigentlichen) Lichtphase der Pflanze.
- Methode:
- Entferne zuerst alle großen Fächerblätter, die keine oder kaum Trichome haben.
- Schneide entweder die ganze Pflanze am Hauptstamm oder ernte einzelne, größere blütentragende Zweige.
- Behandle die Blüten extrem vorsichtig, um Harzverlust zu minimieren.
- Wichtig: Wir empfehlen dringend den "Dry Trim" (Feinmaniküre nach der Trocknung) und raten von "Wet Trim" (Maniküre direkt nach der Ernte) ab, da dies oft zu schnellerer, ungleichmäßigerer Trocknung und signifikantem Terpenverlust führt. Die kleinen, harzigen Zuckerblätter bleiben also vorerst an den Blüten.
Die Trocknung ist ein absolut entscheidender Schritt, der oft unterschätzt wird. Das Mantra lautet: "Low and Slow" – langsam und schonend.
Optimale Trocknungsbedingungen
- Hänge die geernteten Zweige oder die ganze Pflanze kopfüber in einem dunklen, gut belüfteten Raum oder deinem (gereinigten) Trocknungszelt (T1 in der Harzlok-Rotation) auf. Sorge für ausreichend Abstand zwischen den Zweigen.
- Das Trocknungsklima ist der Schlüssel:
- Dunkelheit: Absolut unerlässlich. Licht baut THC ab.
- Temperatur: Konstant 18-20°C (maximal 21°C). Zu warm beschleunigt den Terpenverlust.
- Relative Luftfeuchtigkeit (RH):
- Tag 1-3: ca. 50-55% RH.
- Ab Tag 4: konstant 55-60% RH (maximal 62% RH).
- Luftzirkulation: Sehr sanfte, indirekte Luftbewegung. Abluft auf niedrigster Stufe, um die feuchte Luft langsam abzutransportieren. Keinen Ventilator direkt auf die Blüten richten!
- Dauer der Trocknung: Ziel sind 10-14 Tage (kann je nach Blütengröße und Dichte bis zu 16 Tage dauern). Eine Trocknung unter 7 Tagen ist fast immer mit massivem Qualitätsverlust verbunden.
- "Stiel-Knick-Test": Dünnere Blütenstiele sollten beim Biegen mit einem trockenen "Knack" brechen, nicht nur weich nachgeben. Die äußeren Bereiche der Blüten fühlen sich trocken an, innen sollten sie aber noch eine minimale Restflexibilität aufweisen.
Fehlervermeidung ist entscheidend: Zu schnelles Trocknen resultiert in "Heu"-Aroma und Terpenverlust. Zu feuchtes oder zu langsames Trocknen bei zu hoher RH (>65%) führt zu Schimmel. Konstanz und Geduld sind gefragt.
Nachdem die Blüten den richtigen Trocknungsgrad erreicht haben, erfolgt die Feinmaniküre.
- Löse die einzelnen trockenen Blüten vorsichtig von den Zweigen.
- Entferne mit einer feinen, sauberen Trim-Schere alle überstehenden kleinen Zuckerblätter, die aus den Blüten herausragen. Schneide so nah wie möglich an den Blütenkelchen, ohne diese zu verletzen.
- Ziel ist eine saubere, ästhetisch ansprechende Blüte. Das harzreiche Trimm-Material (Sugar Trim) separat auffangen (z.B. in einem Trim-Bin mit Sieb) für die Weiterverarbeitung.
Das Curing ist der langsame Reifeprozess in luftdichten Behältern, der Geschmack, Aroma und die Sanftheit des Rauchs/Dampfs entscheidend verbessert.
Der Curing-Prozess im Detail:
- Behälter: Fülle die manikürten Blüten locker (max. 70-80% voll) in luftdichte Glasbehälter (Einmachgläser mit Bügelverschluss und Gummidichtung sind ideal).
- Lagerung: Kühl (konstant 18-20°C), absolut dunkel und trocken.
- "Burping" (Lüften der Gläser):
- Erste Woche: 1-2x täglich für ca. 10-30 Min. öffnen, Blüten sanft umschichten.
- Woche 2-3: 1x täglich oder alle zwei Tage für ca. 5-15 Min.
- Ab Woche 4: Alle 3-7 Tage für wenige Minuten.
- Feuchtigkeitsmanagement im Glas (Ziel-RH: 58-62%):
- Überwache die RH im Glas mit Mini-Hygrometern.
- Bei RH >65-68%: Länger lüften oder Blüten kurz entnehmen.
- Bei RH <55%: Befeuchtungspacks (z.B. Boveda 62%) verwenden.
- Dauer: Je nach Terpenprofil und Konsumform sind frische (4-6 Wochen nach Ernte) oder gereifte (2-6 Monate oder sogar länger) Blüten beliebter. Der Geschmack und die Komplexität der Aromen entwickeln sich über die Zeit weiter.